St. Josef, Henneckenrode
Unsere denkmalgeschützte Kirche St. Joseph steht in Henneckenrode, einem Ortsteil der Gemeinde Holle im Landkreis Hildesheim in Niedersachsen. Die Kirchengemeinde gehört zur Pfarrkirche St. Hubertus (Wohldenberg) im Stiftsdekanat Alfeld-Detfurth des Bistums Hildesheim.
Die schlichte Saalkirche bildet einen Teil des Gebäudekomplexes des Schlosses Henneckenrode im Nordwesten. Laut Inschrift über dem Portal aus Bossenquadern wurde sie 1597 erbaut. Der neuromanische Kirchturm im Osten hat Biforien als Klangarkaden. Der Flügelaltar stammt aus Volkersheim, entstanden um 1525/1530. Im Schrein ist ein Marienbildnis im Rosenkranz dargestellt, auf den die Hände und Füße des Gekreuzigten sowie zwei Engelchen geheftet sind. Seitlich stehen der heilige Georg und Pankratius, in den Flügeln Katharina und Anna selbdritt, Maria Magdalena und der heilige Urban. Die Wandmalereien zeigen Überreste einer Marienkrönung und Georg den Drachentöter. Das verzierte, auf drei Löwenfiguren stehende Taufbecken ist aus der Erbauungszeit.
Henneckenrode
Die Siedlung "Enekenroth", in der Schreibweise des 13. Jahrhunderts, war zunächst im Besitz des Wohldenberger Grafenhauses. Im Jahre 1293 tauschten jedoch die Grafen von Wohldenberg mit Bischof Siegfried II. (1279-1310) 10 Hufen und die Fischerei der Siedlung gegen ein Grundstück in Mehrdorf ein.
Die Urkunde enthält noch keine Hinweise auf ein Gotteshaus. Es ist wahrscheinlich, dass erst nach der Übertragung an den Bischof, aber noch in seiner Regierungszeit bis 1310, eine Kapelle vor Ort gebaut wurde. Der erste Pfarrgeistliche des Gotteshauses im Archidiakonat Holle wird 1311 mit "Henricus sacerdos et plebanus in Enekenrode" bestätigt. Über das Gotteshaus, dessen Patrozinium während des Mittelalters unbekannt bleibt, besaß der Hildesheimer Bischof das Patronatsrecht. Der geistliche Oberhirte belehnte jedoch später die Ritter von Heere mit dem bischöflichen Grundbesitz und stattete sie auch, laut einer Beschreibung aus dem 16. Jahrhundert, mit dem Patronatsrecht über die Kapelle in Henneckenrode aus.
Nach der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523) wurde im Quedlinburger Rezess festgelegt, dass auch das Amt Wohldenberg als Teil des Großen Stiftes an die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel fallen sollte. So gelangte auch die Sieldung Henneckenrode mit diesem Amt unter die Regierung Herzog Heinrichs d.J. Obwohl der Herzog den Aufbau eines landesherrlichen Kirchenregimentes unabhängig von der Hildesheimer Bistumsleitung anstrebte, indem er die Patronatsrechte wahrnahm, blieb jedoch die katholische Konfession der Pfarreien erhalten. Inwieweit von ihm die Patronatsrechte der Ritter von Heere anerkannt wurden, bleibt ungeklärt. Als gesichert gilt jedoch, dass nach der Vertreibung Heinrich d.J. aus seinem Herzogtum durch den Schmalkaldischen Bund 1542 noch im selben Jahr eine evangelische Kirchenvisitation stattfand. Durch die Kirchenvisitiation und die aufgezwungene lutherische Kirchenordnung von 1543 wurde auch Henneckenrode im Pfarrverband von Schlewecke reformiert. Von der Annahme des evangelischen Glaubens durch die Gemeinde kann jedoch nicht ausgegangen werden, da von einer fremden "Besatzungsmacht" - dem Schmalkaldischen Bund - der Religionswechsel diktiert worden war. Obwohl die Siedlung laut den Bestimmungen des Quedlinburger Rezesses sich im Herzogtum Braunschweig unter dementsprechender Regierung befand, belehnte Bischof Burchard von Oberg (1557-1573) nach dem Aussterben der Familie von Heere 1567 den katholischen Zweig der Familie von Saldern (Heinrich von Saldern) mit dem Gut Henneckenrode. Neben der persönlichen Freundschaft, die zwischen dem Hildesheimer Bischof und dem Herzog bestand, unterstützte Heinrich d.J. die Restitutionsbestrebungen Bischof Obergs im Kleinen Stift (Amt Marienburg und Amt Steuerwald). Auch kam diese Belehnung einer Aussöhnung mit den Rittern von Saldern gleich, die Feinde des Bischofs in der Hildesheimer Stiftsfehde gewesen waren. Entsprechend ihrer Belehnung nahm die Familie von Saldern auch die Patronatsrechte über das Gotteshaus für sich in Anspruch. Seit der ersten Kirchenvisitation 1542 wurde Henneckenrode als lutherische Filialgemeinde von Schlewecke geführt.
Nicht nur das Schloss Henneckenrode wurde 1579-1580 durch die Familie von Saldern erbaut, sondern auch eine grundlegende Renovation des Gotteshauses wurde 1597 durchgeführt. Diesbezüglich wird auch das Patrozinium der Kapelle - St. Joseph - genannt. Die Restitution des Großen Stiftes an den Hildesheimer Bischof 1643 und deren Bestätigung im Westfälischen Frieden mit der "Normaljahrsbestimmung" von 1624 führte in Henneckenrode nicht zur Sicherung des evangelischen Bekenntnisses. Zwar hatte Herzog Julius II. offiziell seit 1568 alle katholischen Gemeinden im Herzogtum reformieren lassen, die Patronatsrecht von St. Joseph standen jedoch bereits seit 1567 der katholischen Familie von Saldern zu.
Außerhalb der Amtspfarrei Wohldenberg gelegen, wurde die Gemeinde trotzdem während der Rekatholisierung des Bistums von dort aus pastorisiert. Später übernahmen der Zisterzienserorden aus dem Feldkloster Derneburg und die Dominikaner aus dem Kloster Gronau die Seelsorgeaufgaben.
Im Jahre 1685 verkaufte die Familie von Saldern ihren Lehnsbesitz Henneckenrode an Arnold von Bocholtz - an den aus Westfalen stammenden katholischen Drosten des Hauses Wohldenberg. Bereits sieben Jahre danach wurde 1692 die Landseelsorgsgemeinde St. Joseph eingerichtet. Der zentrale Punkt der Gemeinde Henneckenrode war und blieb das Schloss mit dem dazugehörigen Gut.
Im Jahre 1820 gingen Schloss und Gut Henneckenrode an den Landrentmeister Friedrich Blum über, als Ersatz für Geld, das dieser dem Grafen von Bocholtz geliehen hatte. Blum hintelegte kurz vor seinem Tod ein Testament bei der Hildesheimer Justiz, in dem es heißt: "Zu meinem Erben setze ich hiermit ein zu errichtendes, lediglich für Kinder des katholischen Glaubens bestimmtes Waisenhaus ein; diese sollen im Fürstbistum Hildesheim oder in Teilen des Eichsfeldes geboren sein, welcher jetzt zu Hannover gehört." Blum starb am 17. Februar 1832. Nach seinem zweckgetreuen Umbau konnte das Waisenhaus 1838 eröffnet und 1856 den Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul (Vinzentinerinnen) übergeben werden. Der Grundbesitz der "Blum'schen Waisenhausstiftung" wird vom Bischöflichen Generalvikariat verwaltet und verpachtet.
Die auffällige Bevölkerungszunahme in Henneckenrode von 1821-1871 von 129 auf 266 Gemeindemitglieder ging damals offensichtlich auf die Einrichtung des katholischen Waisenhauses zurück. Durch die Forst- und Landwirtschaft auf dem verpachteten Grund und Boden der Stiftung sicherte sich die Bevölkerung ihren Lebensunterhalt. Die Auswirkungen der Industrialisierung waren in der stadtfernen Gemeinde ohne Eisenbahnanschluss ausschließlich auf den landwirtschaftlichen Sektor beschränkt. In der Gemeinde Henneckenrode - d.h. im Bereich des Waisenhauses und des Gutes - gehörte 1925 noch 92,6 % der Bevölkerung der katholischen Kirche an.
Eine grundlegende Veränderung trat im Waisenhaus während des 2. Weltkrieges ein, als es vorübergehend als Reservelazarett genutzt wurde.
Nach 1945 stieg die Bevölkerung in Henneckenrode durch den Zuzug von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen von 176 auf 280 Gemeindemitglieder an. Bei den Flüchtlingen und Vertriebenen handelte es sich hauptsächlich um Kinder, die ihre Eltern im Krieg oder auf der Flucht verloren hatten. Während die Kinder im Waisenhaus aufgenommen wurden, verließen mehrere katholische Familien nach wenigen Jahren die Gemeinde wieder, da weder genügend Arbeitsplätze noch eine ausreichende Infrastruktur vorhanden waren. Die Gemeindestruktur von St. Joseph wird auch gegenwärtig, wenn auch nicht ausschließlich, durch das ortsansässige Waisenhaus geprägt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen Schwestern des Franziskanerordens (Aachener Franziskanerinnen) die Leitung, von denen heute noch 3 Schwestern im Heim wohnen. Seit 1997 leitet Wolfgang Linke-Jahnel das Kinderheim. Die Zahl der Mitarbeiter/innen beträgt 45. Die Konfession und der Geburtsort spielen heute bei der Aufnahme der Kinder und Jugendlichen keine Rolle mehr. Die wenigstens der Heimbewohner sind Waisenkinder. Fast alle stammen aus Familien, deren Väter oder Mütter mit der Erziehung überfordert sind. Nicht nur die Kinder aus dem Heim, auch die übrigen Kinder des Dorfes bis zum Ende der Grundschulzeit erhalten ihren Unterricht in der Heimschule, die nach dem Prinzip der Montessori-Pädagogik arbeitet.
Im Kinderheim befindet sich eine Schwestern-Kapelle, die 1970 errichtet (Konsekration am 8.12.1970 durch Bischof Henrich Maria Janssen) und der Unbefleckten Empfägnis Mariä geweiht wurde.
Pfarrkirche St. Joseph
Die dem Hl. Joseph geweihte Kirche wurde 1597 erbaut bzw. grundlegend renoviert. Sie ist im Stil einer Renaissance-Saalkirche errichtet. 1976-77 wurde sie renovierung und der Hauptaltar neu errichtet (Konsekration am 6.1.1977 durch Bischof Heinrich Maria Janssen). Das Pfarrhaus wurde 1912 erbaut.
Die Kirche bildet einen Teil des Ringes von Gebäuden, welche den Gutshof umgeben und ist in Bruchsteinen auf rechteckigem Grundriss errichtet.
In den geputzten Langwänden liegen je acht zu zweien gekuppelte rundbogige Fenster. An der Ostseite, die früher - wie ein altes Ölbild zeigt - mit einem verzierten Steingiebel geschmückt war, erhebt sich jetzt der 1861 erbaute viereckige Glockenturm, der im unteren Geschoss früher als Chor diente.
Der rundbogige Eingang befindet sich am westlichen Ende der Südseite. Über der Tür ist ein Wappenstein eingemauert, mit der Jahreszahl 1597 und der Unterschrift: "Burchardt von Saldern Hinrichs seligen son fundator hujus ecclesiae".
Der aus der Kirche in Volkersheim stammende gotische Altar ist mit großen, schön geschnitzten und gut bemalten Heiligenfiguren ausgestattet. Das Mittelbild stellt Maria als Himmelskönigin in der Glorie und auf der Mondsichel, aber mit dem Schwert in der Linken, dar. Das Kind hat ein Buch in der Hand. In der oberen Ecke sind zwei schwebende Engelsfiguren angebracht. Maria zur Seite ist links der Hl. Georg mit dem Drachen, rechts der Evangelist Johannes mit Buch und silberner Feder dargestellt. In den Seitenflügeln links die Hl. Anna selbdritt und die Hl. Katharina, rechts Maria Magdalena und Papst Urban mit Stab, Buch und Traube. Der obere Ornamentkamm ist bei der Wiederherstellung hinzugefügt. Unter dem Schnitzaltar befindet sich der Tabernakel, links und rechts daneben gemalt die Symbole und Namen der vier Evangelisten. Unter der Orgelempore befindet sich ein aus der Erbauungszeit stammendes steinernes, rundes Taufbecken, dessen verzierter runder Schaft auf vier liegenden Löwen ruht, die in diagonaler Richtung mit dem Vorderteil auf den vier Ecken einer quadratischen Sockelplatte lagern. Die Schale ist am oberen Rand mit vier Engelsköpfen geschmückt.
St. Joseph-Kirche
Erhebung zur Pfarrei: 1692
Kirche erbaut bzw. renoviert: 1597
Renovierung und Neuerrichtung des Hauptaltares: 1976-1977
Konsekration: 6.1.1977 durch Bischof Heinrich Maria Janssen
Kirchenbücher seit 1690
Pfarrhaus: 1912
Anschrift: Henneckenroder Straße 1, 31188 Holle
Kapelle Unbefleckte Empfängnis Mariä (im Kinderheim)
Erbaut: 1970
Konsekration: 8.12.1970 durch Bischof Heinrich Maria Janssen
Die Pfarrei St. Josef wurde am 31.07.2004 aufgelöst und ging in der am 01.08.2004 neu gegründeten Pfarrei St. Hubertus Wohldenberg auf.